Samstag, 29. November 2014

Fuck. Mama, Papa?



Neonlicht flackert, ihre Hände zittern. Der Bass hämmert durch die Wände und zieht durch den Boden, in ihre Füße, durch ihren Körper, bis zum Herz. Bedrohlich. Fremd irgendwie. Die Augenlieder so schwer, dass sie nur durch kleine Schlitze ihr Spiegelbild erkennen kann. In der Ferne Stimmen zu hören. Anhaltend und gleichmäßig. Das Waschbecken auf dem sie hängt ist kalt und nass. Der Bass lässt es vibrieren. In der Ecke stehen Platteten gestapelt. „Soll ich mich schlafen legen?“. Der Weg ist nicht weit. „Ein zwei Schritte.“ Sie rafft sich auf und muss den Kopf in den Nacken legen, um in den Spiegel zu schauen. Eine lehre Hülle ohne Mensch darin. Haare hängen nass uns strähnig bis zu ihrer Brust. Das Mädchen hält sich noch am Waschbecken fest und dreht sich um, peilt die Paletten an. Während sie ansetzt, die zwei Schritte zu machen, tut sich ein Abgrund auf. Die schwarzen Fliesen springen auf und die Wände verschieben sich. Das kleine Klo ist nun ein Raum, größer als die Tanzfläche. Der Bass verschwindet, der Boden hört auf zu vibrieren und ihr Herz setzt aus. Neonlicht flackert nicht. Alles schwarz. „Die Paletten. Ich muss schlafen.“ Das Waschbecken entgleitet ihren Händen und sie fällt in den dunklen Abgrund, durch die Fliesen hindurch. Minuten lang, völlig schwerelos. Kein Aufprall. Auf einmal ist alles warm und dunkel. Und sehr, sehr still. „Endlich kann ich schlafen. Mama, Papa? Kann ich endlich schlafen? Mama, Papa?“ Sie öffnet die Augen und sieht die schwarzen Fliesen, die auf sie zukommen. Der Bass ist wieder da, die Stimmen, ihr Herzschlag und die Paletten sind greifbar. In dem Bruchteil einer Sekunde schlägt sie auf dem harten Boden auf. Die Fliesen sind unglaublich kalt. Nur Blut, das pulsierend zwischen Haaren und Fliesen verläuft, ist warm. „Fuck. Mama Papa?“ Sie beginnt zu schreien. Lauter als der Bass und lauter als sie dumpfen Stimmen von der Tanzfläche.
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen